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Mathematisierung der Problemstellung

Der Verlauf der Bewegung der Roboterarme hängt von den während der Bewegung angelegten Spannungen in den Gelenkmotoren ab. Die mathematische Beschreibung des dynamischen Systems, das das Bewegungsverhalten eines Industrieroboters beschreibt, geschieht durch sehr komplexe Formeln, nichtlineare gewöhnliche Differentialgleichungen. Diese Formeln können mit Hilfe von Computern und speziellen Verfahren der Mechanik (Mehrkörperalgorithmen) aufgestellt werden. Die resultierenden Beziehungen sind in einer Computersprache geschrieben und können ausgedruckt Hunderte von Schreibmaschinenseiten füllen.

Die schnellste Bewegung eines Roboterarmes zwischen zwei vorgegebenen Punkten A und B verläuft selten entlang einer Geraden. Diese zeitoptimale Bewegung kann mit Hilfe der Mathematik, der Theorie der optimalen Steuerung, gefunden werden. Trotz der umfangreichen Formelmengen können die Verläufe der Motorspannungen und Gelenkwinkel mit neuen effizienten numerischen Verfahren berechnet werden, so daß die Zeit für die Bewegung zwischen zwei vorgegebenen Punkten minimal wird. Auß erdem können zusätzliche, für die Praxis besonders wichtige Beschränkungen an die optimale Bahn berücksichtigt werden: Es dürfen die Kräfte in den Gelenken gewisse Maximalwerte nicht überschreiten, oder es gibt Hindernisse im Raum, die mit dem Arm umfahren werden müssen.

Richtet man sich nur nach dem Kriterium Zeit, so gibt es zwei gravierende Nachteile. Die zeitoptimalen Bahnen belasten die Gelenke auß erordentlich hoch und die beim realen Roboter auftretenden kleinen Abweichungen von den Soll-Werten führen zu Instabilitäten in der zeitoptimalen Bewegung, weil keine Reserven für deren Ausgleich mehr übrig sind. Ist jedoch die schnellstmögliche Zeit für eine Bewegung bekannt, so kann man eine nur 10 (oder 20) % langsamere Zeit als Schranke zur Berechnung einer energieminimalen Bewegung verwenden. Diese übt erheblich weniger Belastungen auf die Gelenke aus, verringert deutlich den Verschleiß des Roboters und ist in der Praxis robuster.

Für einen sechsachsigen Industrieroboter wurde ein exemplarischer Vergleich zwischen dem Bahnplanungsalgorithmus (RCM) eines Steuerungsherstellers und dem im Abschnitt 2.3 beschriebenen mathematischen Bahnoptimierungsverfahren anhand fünf verschiedener Punkt-zu-Punkt Bahnen durchgeführt [vS]. Bei der Berechnung der zeitminimalen Bewegungen wurden als zulässige Maximalwerte für die Steuerungen die im Dauerbetrieb aufbringbaren Antriebsnennmomente verwendet und nicht die circa doppelt so großen, nur kurzzeitig aufbringbaren Spitzenantriebsmomente. Für die aus allen fünf Teilbewegungen zusammengesetzte Gesamtbewegung konnte mit Hilfe der mathematischen Bahnoptimierungsverfahren eine Zeiteinsparung von mehr als 47% gegenüber der RCM-Steuerung erzielt werden [vS].

Mit Hilfe der Bahnoptimierungsverfahren ist es denkbar, die Auslegung von Armen und Motoren eines Roboters mit Hilfe einer Vorabsimulation und -optimierung des Bewegungsverhaltens am Computer noch vor dem Bau des ersten Prototypen zu überprüfen und einen besseren Entwurf vorzulegen.



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Oskar von Stryk
Thu Jan 23 09:41:06 MET 1997